Audi 100 C1 Chromobil will ein Ami sein!

 

Audi 100 C1 1970 Chromobil

Als ich den Audi 100 C1 von Alex sah, dachte ich mir: „Mist, Sonnenbrille vergessen, und einen schwarzen Anzug hast Du auch nicht dabei!“ Der Daily-Driver erinnerte mich auf Anhieb an das coolste Bluesmobil ever! Und so einige Ähnlichkeiten hat er wohl auch. Seit 1997 ist der Audi bereits in Alex’ Händen und hat so einige „Optimierungen“ erfahren. Im Münchner Raum ist er mit diesem Audi 100 C1 bekannt gewesen wie ein bunter Hund, zumindest in den frühen der jetzt fast 30 Jahre! Fans von toprestaurierten Oldtimern werden beim Lesen dieses Berichtes die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, und doch stiehlt dieser Oldtimer den frisch lackierten Perlen oft die Show, vor allem bei den ganz jungen Betrachtern.

Zufallsfund beim Fähnchenhändler!

 

Audi 100 C1 Chromobil bei der Sanierung

 

Die Wasserburger Landstraße in München: Bis tief in die 2000er Jahre hinein tummelten sich dort jede Menge Gebrauchtwagenhändler (sogenannte Fähnchenhändler). Genau hier beginnt auch die lange Geschichte von Chromo. Natürlich hatte der Audi 100 C1 zu dieser Zeit bereits ein langes Leben gehabt und sein Zustand versprach eigentlich kaum, dass dieses noch lange währt. Doch dann kam Alex!

Eigentlich besaß Alexander bereits einen Audi 100, den er sich als Daily Driver herrichten wollte, nachdem das erste 1974er Chromobil nach 3 Jahren Fahrt absolut unrettbar war. Er hatte diesen also in Rosenheim gekauft und dachte sich: „Mit ein paar Handgriffen kriege ich den schon wieder auf die Straße.“ In der heimischen Werkstatt kam die Tragödie ans Tageslicht, denn die Kiste war von vorn bis hinten doch deutlich rostiger, als es bei der Erstbesichtigung den Anschein hatte. Es handelte sich um einen Viertürer mit Schiebedach aus dem Baujahr 1970. Zufällig entdeckte Alex in der Wasserburger Landstraße den selteneren Zweitürer, ebenso aus dem Jahre 1970. Auch dieser war in keinem wirklich guten Zustand und der aufgerufene Preis war viel zu hoch. Monate später stand der Audi 100 C1 noch immer auf dem Platz. Zeit für ein neues Gespräch, nachdem der Rosenheimer eben nicht mit vertretbarem Aufwand herzurichten war.

Zu dieser Zeit begann der Wandel der Wasserburger Landstraße. Die Fähnchenhändler mussten ihre Plätze zugunsten neuer Bauprojekte räumen. Und siehe da: Der Händler verlangte „nur“ noch 400 Mark. Alex bot 250 und bekam den Zuschlag. Bei der Abholung am nächsten Tag sprang der Oldtimer auch an. Sicher, es gab vieles zu tun. Die Lampentöpfe waren durch, ebenso die Schweller und die A-Säulen. Im Zuge der notwendigen Schweißarbeiten ist auch gleich das Schiebedach des verrotteten Viertürers übernommen worden. Im Juni 1997 konnte Alex seinen Audi 100 C1 anmelden.

Wie Chromo zum Bluesmobil wurde

Chromobil Bluesmobil Audi 100

Trotz gültiger Nummernschilder war Chromobil noch längst nicht in dem Zustand, den Alex sich wünschte. Wegen seines engen Bezugs zu Kalifornien (siehe Bericht zum originalen US-Audi 100) sollte der Wagen insgesamt amerikanischer wirken. So bekam er bald die dicken Alu-Stoßstangen der US-Audi-100-Version und die Colorverglasung sowie viele weitere Gimmicks, die Alex von seinen Stammschrottplätzen in Los Angeles holte. Im Laufe der Jahre bastelte Alex einiges und passte den Oldtimer nach seinen Wünschen an. Vieles löste Alex auf sehr kreative Weise in MacGyver-Manier. Rost blieb auch weiterhin ein Thema, bis heute.

Die amerikanischen verstärkten Stoßstangen könnten dem Audi 100 C1 bereits das Leben gerettet haben. Vor einigen Jahren gab es eine kleine Kollision, bei der ein moderner Ford Mustang ihm – zwar mit geringer Geschwindigkeit, jedoch trotzdem mit Wucht – in die linke vordere Ecke fuhr. Die originalen Stoßstangen hätten dem Aufprall wohl nicht widerstanden und die Front wäre vermutlich verzogen, aber so blieb die Front intakt. Nur die Stoßstange wurde stark nach rechts verschoben, konnte aber mit einem Traktor wieder einigermaßen zurückgezogen werden. Die amerikanischen Sicherheitsvorgaben schreiben vor, dass die Stoßstangen einen Aufprall bis zu 8 km/h schadlos überstehen müssen. Im amerikanischen Original sind die Halterungen mit kleinen Stoßdämpfern ausgestattet, die die Energie des Aufpralls absorbieren. Alexander hat es sich etwas einfacher gemacht und massive Rohre eingeschweißt. Bisher hat sich die Lösung bewährt. Kleine Rempler kamen des Öfteren vor. Diese hat der Audi 100 C1 gut überstanden.

Der Wandel vom schnöden Audi 100 C1 zum Chromobil dauerte viele Jahre. Ständig kamen neue Umbauten und Optimierungen hinzu. Ein Meilen-Tacho, die markanten roten Zusatzscheinwerfer und gelbe Nebellampen, der Umbau von Mittel- zur Lenkradschaltung (mit einem Revolvergriff), Sidemarkers rundherum und vieles mehr wurden nach und nach eingebaut. So einige Veränderungen sind auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Die Hinterachse wurde verstärkt, die runden Doppelscheinwerfer des Audi 100 GL hatte schon einer der Vorbesitzer umgebaut. Doppeltes Standlicht gab es zu Produktionszeiten des Audi noch nicht. In mühevoller Kleinarbeit passte Alexander die Lampenhalterungen an und installierte außerdem doppeltes Abblend- und Fernlicht. Dieses Setup und die selbstgebaute Relaissteuerung dazu waren zuerst in seinem Audi 200 5E Typ 43 Anfang der 90er eingebaut – einige Zeit, bevor BMW dieses einführte – und installierte es dann erneut im C1!

Der schrottigste Audi 100 C1?

Motorraum Audi 100 C1 1970

Alexander sagt selbst: „Das ist wahrscheinlich der schrottigste 100er, der herumfährt.“ Dennoch: kein Passant, der bei Chromobil nicht stehenbleibt! Er ist besonders. Und der TÜV hat den Audi bisher immer mit einer frischen Plakette belohnt. Da aber die Vorgaben für das H-Kennzeichen über die Jahre kontinuierlich verschärft wurden, muss das „H“ wohl demnächst gegen eine Normalzulassung zurückgetauscht werden. Damit wären wir wieder im Anfangsjahr 1997 der Geschichte!

Bislang gab es auf seinen Ausfahrten kaum Pannen. Alexander erinnert sich an „ein bis zwei“ kleine Probleme, die jedoch vor Ort behoben werden konnten. Selbst der erste Motor hat um die 400 000 km geschafft, was für diese Triebwerke abnormal hoch ist. Geschont wurde Chromobil, der Audi 100 C1, nie. Er bestand im Alltag und brachte auch im Winter Spaß. Oldtimerenthusiasten werden beim folgenden Video die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.

 

Kaufberatung Audi 100 C1

Audi 100 C1 1970 Heck

Es dürfte kaum jemanden geben, der sich mit den alten Audi-100-C1-Modellen besser auskennt als Alexander. Hier bekommt ihr einige Tipps zu Schwachstellen und auch zur Vorbeugung von Schäden.

Schwachstellen

  • Ölverbrauch durch verschlissene Ventilschaftdichtungen und Kolbenringe (insbesondere bei frühen Motoren)
  • Kühlwasser kontrollieren (Kopfdichtung?)
  • Bremsen vorn und Antriebswellen/Gelenke und Manschetten (originale Bremsbeläge extrem weich – oft bereits nach 10.000 Kilometern verschlissen); defekte Antriebswellengelenke können zum Versagen der Bremse führen, wenn durch beschädigte Manschetten die Kugeln aus dem Gelenk rausgefallen sind
  • Gummilager der unteren Dreiecks-Querlenker, insbesondere die vorderen.
  • Lenkmanschetten, vor allem die rechte (Ersatz äußerst problematisch)
  • Drehstäbe an der Hinterachse unterdimensioniert (bis 1973) Passenden verstärkten Ersatz gibt es aus dem Porsche 924 oder 911.
  • Wasserabläufe des Schiebedaches, die vorderen enden leider im Schweller

Fahrtipps für ein langes Audi 100 C1-Leben!

 

Audi-Oldtimer

 

  • Hohe Drehzahlen über 4.000 U/min vermeiden (insbesondere an heißen Tagen)
  • Harte Bremsmanöver vermeiden, vor allem bei eingeschlagener Lenkung. Durch die innenliegenden Bremsen wird die Kraft über die Antriebswellen übertragen. Diese können dauerhaft Schaden nehmen. Werden die Gelenke zerstört, kann es zur Unterbrechung der Bremswirkung kommen.
  • Gefühlvoll schalten

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Bald gibt es neue Geschichten. In Kürze warten ein liebevoll restaurierter Opel Calibra und ein Urgestein der Nordrhein-Westfälischen Oldtimerszene auf mich (und euch)! Schaut rein!

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